Informationen zur Energiesituation

Am 30. März 2022 hat Bundeswirtschaftsminister Habeck die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Aufgrund der sich verschärfenden Situation wurde am 23. Juni schließlich die Alarmstufe ausgerufen, die zweite von drei Stufen des Notfallplans Gas. Um hoheitliche Markteingriffe und eine Gasmangellage geht es erst in der dritten Stufe im Notfallplan.

Die Bundesregierung bringt im Mai 2022 erste Wirtschaftshilfen für Unternehmen, die durch den Ukraine-Krieg betroffen sind, auf den Weg:

https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Unternehmen/KfW-Sonderprogramm-UBR/

Darüber hinaus wird ein Bürgschaftsprogramm initiiert:

https://www.foerderdatenbank.de/FDB/Content/DE/Foerderprogramm/Bund/BMWi/buergschaften-laender-bund.html

Seit dem 15. Juli 2022 läuft die Antragstellung für das Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Förderrichtlinie mit detaillierten Informationen etwa zu den Voraussetzungen und der Entlastungshöhe finden Sie unter folgendem Link:

https://www.bafa.de/DE/Energie/Energiekostendaempfungsprogramm/Energiekostendaempfungsprogramm_node.html

Am 15. August 2022 wurde von der Trading Hub Europe GmbH (THE) die Höhe der Gasbeschaffungsumlage in Abstimmung mit der Bundesregierung bekanntgegeben. Diese soll zunächst für die Monate Oktober bis Dezember 2022 bei 2,419 Cent netto pro Kilowattstunde liegen. Insgesamt ist die Umlage für eine Dauer von 18 Monaten befristet, die Höhe wird alle drei Monate neu angepasst.

Die Bundesregierung hat am 24. August 2022 den Entwurf einer „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSimiMaV) beschlossen und dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet. Kern der Verordnung aus Sicht der Industrie ist der Vorschlag in § 4, wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen, die im Rahmen von Audits oder im Rahmen des Energiemanagementsystems identifiziert wurden, innerhalb von 18 Monaten verpflichtend umzusetzen. Die Verordnung soll bereits am 1. Oktober 2022 in Kraft treten. Aus Sicht der Bundesregierung sind zusätzliche Energieeinsparmaßnahmen zur Stärkung der Vorsorge von großer Bedeutung, um den Eintritt einer Notfallsituation in diesem und im nächsten Winter zu vermeiden.

Vor diesem Hintergrund verweisen wir nochmals explizit auf die Bedeutung des vero-Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerkes. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die teilnehmenden Unternehmen ihre Energieeffizienz mittelfristig im Vergleich zum Branchendurchschnitt deutlich effektiver steigern, ihre Treibhausgasemissionen im Schnitt um 1.000 Tonnen CO2 reduzieren und ihre Energieproduktivität doppelt so schnell wie der Branchendurchschnitt erhöhen konnten. Der Beitritt zum vero-Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerk ist jederzeit möglich. Wir weisen ausdrücklich noch einmal darauf hin, dass das vero-Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerk auch den Mitgliedern der Fachverbände Ziegelindustrie Nord und Nordwest offensteht.

Die Gasmangellage und die damit einhergehenden enorm gestiegenen Gaspreise stellen viele Unternehmen vor ungeahnte Herausforderungen. Die Kosten für die Gasversorgung übersteigen vielerorts die Einnahmen aus der Produktion und bedrohen damit ganze Lieferketten. Vor diesem Hintergrund will die Bundesregierung Betreibern von Kraftwerken und Industrieanlagen, die bislang Gas als Brennstoff eingesetzt haben, einen raschen Brennstoffwechsel (Fuel Switch) ermöglichen. Bei einem Brennstoffwechsel sind allerdings verschiedene gesetzliche Rahmenbedingungen zu beachten, an die viele Unternehmen bisher scheiterten. Stand Ende August 2022 sind daher im BImSchG verschiedene Erleichterungen geplant. Einzelheiten sind unter folgendem Link abrufbar:

https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/bennstoffwechsel-erleichtern-2081018

Mit dem Inkrafttreten der Erleichterungen ist ab Mitte Oktober zu rechnen.

Aufgrund der Dauer eines Genehmigungsverfahrens kann es notwendig sein, dass die geänderten Anlagen auch schon vor Genehmigungserteilung betrieben werden müssen, da sonst die Wärmeversorgung gefährdet ist oder ein wirtschaftlicher Totalschaden droht. Für diesen Zeitraum kann die zuständige Behörde diesen formell illegalen Zustand dulden. Exemplarisch verweisen wir in diesem Zusammenhang auf eine vorsorgliche Handreichung, die von der Landesdirektion Sachsen bereits am 16. Juli 2022 veröffentlicht wurde:

https://ihk.de/blueprint/servlet/resource/blob/5610990/d229ee0451090635b258641e36b33ee3/handreichung-data.pdf

Auf Landesebene sind darüber hinaus zeitlich begrenzte Erleichterungen im Hinblick auf die relevanten Umweltvorschriften vorgesehen. Dies betrifft u. a. einzuhaltende Emissionsrichtwerte, die Beschleunigung, Vereinfachung und behördliche Priorisierung ggf. notwendiger Genehmigungsverfahren. Wir empfehlen Ihnen daher, frühzeitig zu Beginn Ihrer Planung Kontakt zur jeweils für Sie zuständigen Bau- oder Immissionsschutzbehörde aufzunehmen. Weitere rechtliche Erleichterungen sind aktuell noch in der Diskussion.

Der Koalitionsausschuss aus SPD, Grünen und FDP hat Anfang September ein Maßnahmenpaket vorgestellt, um Kostenbelastungen aus der aktuellen Energiekrise zu reduzieren. Die Maßnahmen richten sich vorrangig an Haushalte, in einigen ist jedoch auch die Industrie berücksichtigt.

Das Entlastungspaket beinhaltet im Einzelnen:

  • Erlös-/Preisobergrenzen am Strommarkt Bereits seit einigen Wochen wird ein Eingriff in die sogenannte Merit Order diskutiert, die bisher dafür sorgt, dass das teuerste Kraftwerk im Strommix den Preis setzt und damit die besonders günstigen Stromgestehungskosten etwa von erneuerbaren Energien für Verbraucher nicht spürbar werden. Eine Erlösobergrenze könnte sich grundsätzlich für alle Stromkunden inkl. Industrie preismindernd auswirken. Im Maßnahmenpaket der Regierungskoalition bezieht sich die „Strompreisbremse“ jedoch ausdrücklich nur auf Privathaushalte und „kleine und mittelständische Unternehmen mit Versorgertarif.“ Das weitere Vorgehen soll auf europäischer Ebene abgestimmt werden.

  • Dämpfung Netzentgeltanstieg In Folge der Energiekrise wird derzeit auch mit einem starken Anstieg der Stromnetzentgelte gerechnet. Die durch die Erlösobergrenze am Strommarkt gewonnenen Mittel sollen verwendet werden, um diesen Anstieg zu begrenzen. Ob sich diese Maßnahme an alle Stromverbraucher richtet, ist nicht festgelegt.

  • „Einfrieren“ des nationalen CO2-Preises Der nationale CO2-Preis gemäß dem Brennstoffemissionshandelsgesetz soll im Jahr 2023 weiterhin bei 30 Euro pro Tonne CO2 liegen, sodass der planmäßige Anstieg auf 35 Euro um ein Jahr verschoben wird.

  • Expertenkommission zum Gaspreisdeckel Ein möglicher Eingriff in den Gasmarkt zur Begrenzung der Preise wird zunächst auf eine Expertenkommission ausgelagert, die zeitnah Vorschläge erarbeiten soll.

  • Ausweitung Energiekostendämpfungsprogramm Das bestehende Zuschussprogramm für die energieintensive Industrie soll bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden und zudem weiteren Branchen bzw. Unternehmen offenstehen, wobei die hierfür maßgeblichen Kriterien nicht näher erläutert werden. Ebenfalls fortgeführt werden das KfW-Kreditprogramm sowie die Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme. Darüber hinaus will die Bundesregierung „prüfen, inwieweit zukunftsfähige Unternehmen stabilisiert werden können, die aufgrund von Gasmangellage bzw. nicht tragfähiger Energiepreise temporär ihre Produktion einstellen müssen.“

  • Programm für energieintensive Unternehmen Es soll ein Unterstützungsprogramm „für energieintensive Unternehmen aufgelegt werden, die die Steigerung ihrer Energiekosten nicht weitergeben können.“ Weitere Details hierzu enthält das Maßnahmenpaket nicht. Darüber hinaus sollen Unternehmen bei Effizienz- und Substitutionsmaßnahmen unterstützt werden, um von russischen Gaslieferungen unabhängig zu werden.

  • Verlängerung Energie- und Stromsteuer-Spitzenausgleich Der Spitzenausgleich ist eine Industrieentlastung bei der Energie- und Stromsteuer, die regulär 2022 ausläuft. Die Industrie hatte sich deshalb bereits seit mehreren Jahren für eine Verlängerung der Regelung eingesetzt. Das Bundesfinanzministerium strebt derweil eine grundlegende Überarbeitung mit höheren Hürden für Unternehmen an. Ausweislich des vorliegenden Koalitionsbeschlusses soll die bestehende Regelung nun jedoch noch ein Jahr länger bis Ende 2023 gelten. Angesichts der Tatsache, dass bisher kein konkreter Vorschlag für die Überarbeitung vorlag, war ohnehin mit einer Verlängerung gerechnet worden. Die Alternative wäre eine massive Mehrbelastung der Industrie ab 1. Januar 2023 gewesen.